ROAD TO ISTANBUL
– Sabi`s View –
„…Wir verlassen heute Elafonisos und machen uns über Korinth, Athen und Thessaloniki auf den Weg Richtung Istanbul. Wollten Autobahn fahren damit wir mal voran kommen. Andi muss die Woche zwar arbeiten, aber nächste Woche sollten wir dann endlich mal in der Türkei eintrudeln…“
Die Worte an meine Familie via WhatsApp.
Am Tag zuvor.
Und nun?!
Nun fuhren wir nicht die Ostküste entlang, sondern durch den Pindos Nationalpark bei Ioannina.
Ioannina, das liegt im Nordwesten Griechenlands.
In dem Teil, in dem wir 9 Wochen zuvor ankamen und bei frostigen Temperaturen durch schneebedeckte Berge tuckerten.
Ja genau!
Wir waren wieder in der Nähe des Sees, bei welchem wir, an Tag Zwei unserer Reise, im Schnee stecken blieben.
Wie es dazu kam, dass wir wieder dort landeten?
Nun…
Als wir am Abend nochmals unsere, mehr oder weniger, geplante Route Richtung Türkei durchgingen, fiel uns auf, dass der Weg dorthin, über Korinth und Athen genauso weit war, wie über den Nordwesten: 1400 km.
Da wir die Strecke die uns über Athen geführt hätte bis zur Hälfte, bis Larissa, zuvor ja schon gefahren waren fiel uns die Entscheidung nicht allzu schwer:
Wir fahren über Patras und die Westküste!
Es war ein langer Tag.
Trotz, dass wir den größten Teil der 560 km langen Strecke über die Autobahn fuhren und wir bereits um 8 Uhr starteten, kamen wir erst gegen 18 Uhr im Nationalpark an.
Wir sind halt nicht die schnellsten… 😀
Ja richtig!
Wir waren tatsächlich zum ersten Mal während unserer Reise auf einer Autobahn unterwegs!
Wir zahlten 80€ Maut für 400 km, demnach war es das erste und letzte Mal! 😀
Glücklicherweise war ein schönes, ruhiges Plätzchen für die Nacht schnell gefunden.
Am nächsten Morgen dann, tuckerten wir gemächlich durch den Park.
Wir überquerten Jahrhundertealte Brücken und besichtigten die Vikos Schlucht, welche ein Tipp (eigentlich für unsere Heimreise dann mal) von Laura und Danny gewesen war.
Und ja, der Umweg, der ja eigentlich gar keiner war, hatte sich auf jeden Fall gelohnt.
Vor allem der Blick über die Vikos Schlucht war atemberaubend.
Wir waren völlig allein, als wir den Canyon besichtigten und auch wenn wir, seit dem wir unterwegs sind, immer nach einem ruhigen Ort suchen, um zu rasten oder zu schlafen, war es noch nie so still um uns herum.
Keine Menschen oder Musik.
Keine Verkehrs- oder Flugzeuggeräusche.
Keine Rasenmäher oder Sirenen.
Keine Hunde. (man hört in Griechenland immer irgendwo Hunde bellen)
… nein, nicht einmal Vögel haben gezwitschert!
Da waren nur wir und das leise Rauschen des Flusses tief tief unter uns …
Ja, Griechenland zeigte sich die letzten Tage wirklich von seiner besten Seite.
Vor allem ‚Wildlife-technisch‘ hatte der Weg über Vikos, Kastoria, Edessa, Thessaloniki und Kavala einiges zu bieten.
Wir sahen Bären und Wölfe im Arcturos Sanctuary…
Unmengen an Pelikanen und Störchen flogen durch die Lüfte…
Schlangen machten das‚ ‘sich in der Wildnis eine Toilette suchen‘ um einiges spannender…
Gottesanbeterinnen erschreckten uns in der Nacht…
Und Schildkröten krochen um Geronimo herum und brachten Baku mit ihren langsamen Art reichlich durcheinander…
Wir hatten sogar Schwalben und eine Schildkröte kurzzeitig als Mitbewohner.
Die Schildkröte, hatte Andi vor anderen Hunden gerettet, die sie als Kauknochen zweckentfremdet hatten.
Die Schwalben, die waren wohl auf der Suche nach einem Nistplatz oder so…
Trotz der schönen Erlebnisse in Griechenland wurde das Bedürfnis nach etwas ‚Neuem‘, etwas ‚Unentdecktem‘ immer größer.
Die letzten Tage, die wir auf einem Campingplatz nahe der türkischen Grenze verbrachten, (wir warteten dort noch auf ein paar Ersatzteile die wir bei Amazon bestellt hatten) waren für uns kaum erträglich.
Dieses Warten und nicht weiter können war zum ersten Mal echt nervig.
( Eine ‚Mann, jetzt muss ich noch ein paar Tage länger an dem selben Strand rumhängen’ Art von nervig 😀 )
Aber dann!
Am Dienstag den 8. Mai starteten wir los: in die Türkei.
Nach 88 km erreichten wir die Grenze.
Der Übertritt lief ohne größere Vorkommnisse über die Bühne.
Noch schnell ein ‚Beweisfoto‘, dass wir es tatsächlich endlich in die Türkei geschafft hatten und schon waren wir unterwegs, auf der Schnellstraße Richtung Istanbul.
Irgendwie erwartet man, wenn man in ein neues Land fährt, dass gleich alles ganz anders ist.
Landschaftlich allerdings hatte sich auch nach 150-200 km noch nichts verändert. (ja, dass war uns natürlich vorher klar 😉 )
Die Menschen aber, die waren sofort viel offener, gesprächiger, neugieriger und vor allem hilfsbereiter.
Schon beim ersten Mal tanken, ein paar km hinter der Grenze, fiel uns das auf.
Ursprünglich, wollten wir zwischen Grenze und Großstadt noch einen Zwischenstop einlegen.
Akklimatisieren, oder so.
Nachdem es auf der gut ausgebauten Straße aber, auch für unsere Verhältnisse, ziemlich gut voran ging, beschlossen wir, wir würden unser Abendessen schon in der Istanbul einnehmen 🙂
Es waren bestimmt noch gut 40 km, die auf dem Navi standen, welches uns, zu dem vorher in Internet herausgesuchten, bewachten Stellplatz direkt im Zentrum führen sollte.
Nur irgendwie waren wir doch schon mittendrin…
Spektakuläre Hochhauser.
Tausende von Menschen.
Straßen mit bis zu 12 Fahrbahnen.
4 davon allein für Busse.
Da waren wir also auf einmal!
In der größten Stadt in der wir beide jemals gewesen sind.
Weder Sydney, noch Bangkok oder Singapur, London oder Kapstadt waren so gigantisch.
Noch dazu nach dem wir die letzten Wochen, mehr oder weniger, in der Natur verbracht hatten war das hier schon ganz schön viel auf einmal.
Wir wussten wirklich nicht wo wir hinschauen sollten…
… in so einer Stadt mit 15 Mio.+ Einwohnern.
Das wurde übrigens auch in den Tagen drauf nicht viel besser. 😀
Nach der ein oder anderen Runde die wir auf Istanbuls Straßen zu viel gedreht hatten, kamen wir gegen 19 Uhr an.
Fix und fertig.
An dem, sehr unauffälligen, Stellplatz wurden wir herzlichst begrüßt.
Und ziemlich schnell war uns klar, dass wir heute nicht mehr weit kommen würden…
Nur duschen und essen wollten wir noch.
Ich pack also mein Handtuch und spazier, ohne drüber Nachzudenken, in das Gebäude nebenan.
Dort wurde uns gesagt, befänden sich die Duschen und das WC.
Leicht geschockt kam mir ein Halbwüchsiger entgegen…
Ich dachte mir immer noch nichts und bog in den Raum mit den Duschen ab.
Kaum drinnen, hörte ich auch schon die aufgeregt Stimme des Stellplatzbesitzers:
‚Madam, Madam!‘
Ich guckte ums Eck.
Er winkte mich her und raschelte mit seinem Schlüssel…
Während er an seinem riesigen Schlüsselbund nach dem Richtigen für das Schloß suchte, sagte er mir in einem fürchterlichen türkisch/englisch Mix, dass ich doch absperren solle.
Ich versuchte ihm zu erklären, dass er die Dusche für mich nicht absperren bräuchte, immerhin waren es ja Kabinen, und es für mich ‚No Problem‘ wäre.
Da lachte er und meinte nur: ‘Oh, big problem!’, drückte mir den Schlüssel in die Hand und schloß die Tür hinter sich.
Ja man merkte, wir waren in einem anderen Land, mit anderen Sitten und Gebräuchen.
In Griechenland gab es fast nie getrennte Toiletten und Duschen für Männlein und Weiblein.
Und hier, hier bekam ich den Schlüssel vom Chef, damit ich meine Privatsphäre hatte… oder die türkischen Jungs… da war ich mir nicht so sicher 😀
Man muss dazu sagen, die Toiletten/Duscheinrichtung teilte sich der Stellplatz mit einem Fussballplatz.
Die kommenden Tage meldete ich mich zuvor also immer ‚an‘ wenn ich hinein ging.
Der Besitzer guckte dann ums Eck ob die Luft rein war und scheuchte gegebenen falls die Jungs die drin waren hinaus.
Was für ein Service 😀
Natürlich verbrachten wir unsere Tage in Istanbul aber nicht auf dem Stellplatz.
Wir legten dort einige km zurück.
Alles zu Fuß. (auch weil große Hunde, wie in so vielen Großstädten, in den Öffentlichen nicht erlaubt sind)
Wir wanderten durch ganz Fathi, dem alten Zentrum Istanbuls.
Besichtigten den großen Bazaar, die Hagia Sophia, die blaue Moschee, den Gewürzmarkt, die Galatabrücke, den Bosporus, wanderten durch zahlreiche Parks und Anlagen und bummelten durch die unendlichen kleinen Gassen.
An unserem 3. Tag dort machten wir uns auf den Weg nach Besiktas, gute 8 km von uns entfernt, um Svenja, ihren Mann Melih und ihr Baby zu besuchen.
Darauf freute ich mich schon die letzten zwei Jahre.
Zwei Jahre ist es nämlich her, dass Svenja nach Istanbul zog.
Als sie mir das kurz vorher erzählte, war klar, wir würden sie auf unserer Reise besuchen.
Auch wenn wir damals noch absolut keine Ahnung hatten wie und wann es bei uns los ging. 😀
Wir trafen sie in Ihrem Café und verbrachten dort den Tag bei schokoladigen Leckereien, Chai und tauschten längst überfällige Geschichten aus.
2 Tage später führte uns Melih dann noch in den kulinarische Welt der Türkei ein.
Wir bekamen das volle Programm.
Allerhand an kalten und warmen Vorspeisen, gegrilltes Fleisch und Fisch, Aufläufe und Eintöpfe, Bulgur, Kichererbsen und geschmortes Gemüse…
Und natürlich nicht zu vergessen die, zum hineinlegen leckeren, türkischen Süßspeisen.
Wirklich alles schmeckte köstlich!
Neben den kulinarischen neuen Erfahrungen, welche wir dank den Beiden kennengelernt haben, waren unsere Treffen auch hinsichtlich Politik, Glauben, Sitte und Gebräuche sehr, sehr hilfreich und aufschlussreich für uns.
Melih stellte uns seine Sicht der Dinge als Türke dar, Svenja hingegen ihre als Zugereiste.
Zwei, teilweise sehr unterschiedliche Ansichten, die aber dennoch wunderbar miteinander harmonieren können!
Das ist eine Erkenntnis, welche wir an diesem Abend auf jeden Fall mitgenommen haben.
An dieser Stelle möchte ich mich bei euch Dreien bedanken!
Für die schöne Zeit, auch wenn sie viel zu kurz war, die wir miteinander verbracht haben und die neuen Erfahrungen die wir mit euch erleben durften!
Auf ein baldiges Wiedersehen und alles erdenklich Gute eurer kleinen Familie!!!
Insgesamt verbrachten wir eine Woche in Istanbul.
Eine Stadt die gegensätzlicher nicht sein könnte.
Eine Stadt die so hektisch, traditionell, chaotisch und unordentlich ist, dann aber auch wieder gepflegt, strukturiert, und so unglaublich modern und weltoffen.
Eine Stadt in der gläubige Muslime in ‚Ihrer Moschee‘ anhalten und zur Seite gehen damit die ‚doofen Touris‘ sich gegenseitig in Ruhe ablichten lassen können.
In der man vollkommen in den Menschenmassen untergehen kann.
In der, wenn man Hilfe braucht, sie auch bekommt. Und das garantiert. Egal ob Freund oder Fremder.
Und in der die Touristen auf den Bazaren über den Tisch gezogen werden. (Da zähle ich uns jetzt auch mal mit dazu 😀 )
Gesehen haben wir nur einen Bruchteil.
Trotzdem aber, fiel die Entscheidung nach einer Woche, dass es für uns Zeit wird, wieder in die Natur und weg von den Menschenmassen zu kommen.
So packten wir also wieder unsere Sachen und machten uns auf.
Auf, auf die andere Seite des Bosporus.
Auf nach Asien.
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[…] sind durch Metropolen wie Istanbul, Izmir und Antalya gewandert… Haben die Natur in menschenleeren Gegenden wie […]
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