Die Spezies Tourist
– Sabi`s View –
Nachdem es, rund um den Gardasee, ziemlich trostlos und wie ausgestorben gewesen war, war ich fast froh in Verona, wieder etwas Getümmel um mich zu haben.
Verona, o Verona, was für eine hübsche Stadt.
Die Altstadt jedenfalls.
Die typisch südländischen, kleinen Gassen des Centro’s mit ihren Balkonen und den herunter hängenden Grünpflanzen. Wie schön!
Überall parken Vespas und rasen an uns vorbei… Was Baku übrigens etwas überforderte, da er immer noch denk, mit jedem Roller kommt auch ein Robert.
Das muss ich kurz erklären: Robert, ein sehr guter Freund von uns, den Baku unheimlich gern hat, kam einige Zeit, als er kein Auto hatte, immer mit seinem Roller angefahren, wenn er uns besuchte.
Es dauerte nicht lange, da schaute Baku, ob beim Gassi gehen oder durch den Gartenzaun, jedem Rollerfahrer hinterher und freute sich ganz fürchterlich, weil er dachte der Robert würde wieder vorbeikommen.
Und so, ist das noch immer, egal wo wir unterwegs sind.
Eben auch in Verona.
Das merkten wir spätestens, als direkt neben uns eine Vespa parkte, und Baku mich, wie vom Blitz getroffen, zur Seite zog und freudig an dem Fahrer hochhüpfte und ihn abschleckte.
Gott sei Dank, freute sich der Italiener aber sehr, über die unerwartete und stürmische Begrüßung. 😀
Baku, ja Baku, steht sowieso immer im Mittelpunkt.
An jeder Ecke hören wir: Bello! Lupo!
Alle wollen Fotos von ihm machen, vor allem Asiaten.
Von ganzen Schulklassen wird er gestreichelt und jeder, wirklich jeder, dreht sich nach ihm um.
Aber das sind wir mittlerweile gewohnt.
Das ist wirklich überall das Gleiche, egal ob in Kroatien, Frankreich, Spanien oder hier.
Unser kleiner Star.
Das Einzige was ich vorher über Verona wusste war, das Shakespeare hier seine Inspiration für Romeo & Julia her hatte, dass es den berühmten Balkon (wenn auch nur für Touristen inszeniert) und die Statue der Giulietta Cappelletti gibt, also wollte ich das natürlich auch sehen.
Als wir an der ‘Casa di Giulietta‘ ankamen, war unsere Freude über Menschen, und deren Gesellschaft dann auch wieder vorbei.
Italiener, Japaner, Inder, alle hingen sie, im 10 Sekunden Wechsel, an den Brüsten von Julia.
Die Arme! Dabei war sie doch erst 16. (Wo ist die #metoo Bewegung wenn sie jemand braucht, hm!?)
Wir haben uns jedenfalls nicht drangehängt, und mit viel Glück, sogar geschafft sie und ihren Balkon ohne Touris abzulichten. Yes!
Apropos Touris, was soll überhaupt diese Pose mit ausgestrecken Armen und einen Bein nach oben?
Ist das neu, oder bin ich einfach schon ewig nirgends mehr gewesen wo Touristen rumlaufen?
Überall sieht man Menschen, auf Plätzen und vor Sehenswürdigkeiten stehen, die sich so ablichten lassen.
Kann mir doch niemand erzählen, dass wenn das in Natura schon so doof aussieht, es eine bessere ‘Figur‘ auf den, daraus entstehenden, Fotos macht!?
Oh man, ich stelle mir das gerade vor, zuhause, wenn die Fotos dann hergezeigt werden, geht das dann so… Schaut her, hier steh ich dämlich da und verdecke die Arena Di Verona, hier seht ihr mich dämlich vor der Sant’Anastasia rumhampeln…. Herrlich!
Aber jedem das Seine, richtig!? 😉
Nachdem wir auch Dante auf dem Piazza dei Signori, die Arena und den Walknochen von Arco della Costa gesehen hatten, und in uns das Gefühl aufkam, die komplette Altstadt abgelaufen zu sein, machten uns wieder auf dem Weg ‘nach hause’.
Am Bus angekommen und noch immer voller Tatendrang, heute mehr Neues zu entdecken, beschlossen wir weiter Richtung Venedig aufzubrechen.
Wo wir, mal wieder, ziemlich spät ankamen und auf einem, nicht sehr einladenden, Stellplatz unsere Nacht verbrachten.
Da sich am nächsten Morgen endlich die Sonne wieder zeigte, war recht schnell klar: Heute geht’s rein, in die Lagunenstadt!
Wir packten unsere Sachen zusammen und starteten.
Von unserem Parkplatz lag erstmal einen 20 minütiger Fußmarsch vor uns.
In Venedig angekommen, zog es uns sofort weg von den Menschen, rechts, in kleine Gassen hinein, bis wir fast alleine unterwegs waren.
Vielleicht lag es daran oder am strahlend blauen Himmel oder daran dass ich (Andi schon) nie zuvor in Venedig gewesen war, es kam uns dort alles absolut surreal vor.
So wunderschön war es hier! Die kleinen, bunten Häuser mit ihren noch bunteren Fensterläden, die winzigen, gebogenen Brücken, die über die Kanäle führen…
Fast als würde man durch ein menschenleeren Vergnügungspark spazieren.
Irgendwann, kamen wir dann wieder an der Stelle heraus, wo man anscheinend ‘normal’ unterwegs sein sollte, wenn man Venedig besucht. Hunderte von Menschen spazierten auf einmal um uns herum. Eine völlig anderen Welt.
Als wir dort dann das Mainstream-Touriprogramm durchgezogen hatten und unsere Füße allmählich den Geist aufgaben, machten wir uns langsam (schnell ging es nämlich wirklich nicht mehr) wieder auf den Weg zurück.
Auf Grund des schlechten Wetters und des beißenden Windes beschlossen wir an nächsten Tag*, für eine Nacht, einen Abstecher in ein Naturschutzgebiet ins Innland zu machen, und wollten am drauf folgenden wieder zurückkehren.
Was wir auch taten.
Die zwei verbleibenden Tage, bis zur Fährabfahrt, verbrachten wir mit Pizza, Cappuccino und ‘free Wifi’ in Venedig.
*der erste Tag an dem Andi den Staubsauger auspackte. Und ihn auch gleich schottete! Ja, wir haben hatten einen Staubsauger dabei! 😀
Die Spezies Tourist
– Andi`s View –
Als nächsten Stopp hatten wir uns Verona vorgenommen.
Städtetrips sind ja ehrlich gesagt nicht so mein Ding.
Das waren sie nie und das werden sie auch nie sein.
Meine Eltern hatten mich während meiner Kindheit schon immer damit geplagt.
Am Ende des Tages war es immer das Gleiche. Stundenlanges umherlaufen in brütender Hitze.
Meist mein Vater voran, meine Mutter und ich im Schlepptau. Ständig auf der Suche nach der nächsten Sehenswürdigkeit, immer auf der Suche nach dem nächsten „Big Picture“, welches für die heimische Diashow herhalten musste.
Als junger Sprössling stellt man sich Urlaub irgendwie etwas anders vor. Oder etwa nicht?
Trotz all dieser „Strapazen“ bin ich meinen Eltern sehr dankbar, dass sie mir schon damals die Welt gezeigt hatten.
Daher kommt vermutlich das Verlangen ferne Länder zu bereisen. Darin liegt vermutlich der Ursprung unserer jetzigen Unternehmung.
Aber irgendwie hat mich das Ganze in gewisser Weise auch negativ beeinflusst.
Wie gesagt…Sightseeing und so…
Eben nicht so mein Ding. Nicht so unser Ding.
Dennoch bin ich davon überzeugt, dass man sich keine Gelegenheit nehmen lassen sollte eine Stadt kennenzulernen.
Nicht zwingend wegen der Sehenswürdigkeiten.
Viel mehr sind es die dort lebenden Leute und das dort herrschende Flair, welche für mich persönlich eine Stadt ausmachen.
Demnach ging es auf dem Weg nach Venedig zunächst nach Verona.
Etwas Bedenken hatten wir ja. Die letzten beiden Tage hatte es fast durchgehend geregnet. Als würde das nicht genug sein, wehte zudem ein sehr unangenehmer Wind.
Aber schon nach rund 20km Fahrt hörte es auf zu regnen, die Straßen waren trocken (bedeutet für mich als alten Fährtenleser, dass es schon mehrerer Stunden nicht mehr geregnet hat) und dunkle Wolken waren auch nicht mehr in Sicht.
Das Wetter spielte also schon einmal mit.
Ein Stellplatz nahe dem Zentrum war auch schnell gefunden.
Noch schnell alle Wertsachen im Auto versteckt, die Lenkradsperre montiert, die Fenster verdunkelt und zu die Türen.
Nach zirka 15 min dann standen wir vor der „Arena di Verona“.
Die war auf Grund der Menschenmassen, welchen man nur folgen musste, auch nicht wirklich schwer zu finden.
Verona ist eine typisch italienische Stadt.
Kleine verwinkelte Gassen, imposante Bauwerke und schöne große offene Plätze.
Und Touristen soweit das Auge reicht.
Nun waren wir mitten unter ihr. Der Spezies Tourist.
Bewaffnet mit einem Selfiestick und unzähligen Souvenirs in den Taschen.
Jeder kennt das, manche mögen es, manche nicht.
Wir gehören definitiv nicht dazu!
Ziemlich angenervt von den ganzen Menschenmassen liefen wir im Schnelldurchlauf die Hotspots wie Casa di Giulietta, Arco della Costa und den Piazza dei Signori ab.
Nur um später sagen zu können: „Da waren wir auch!“
Nein…
Mal im Ernst!
Wir sind definitiv keine Kulturbanausen!
Kultur, Geschichte und die daraus entstanden Bauwerke sind das was uns als Menschen ausmacht. Das bleibt, sofern es unsere Spezies einmal nicht mehr gibt…
Jeder sollte das Recht haben sich darüber zu informieren, dies kennenzulernen und seinen Horizont damit zu erweitern. Der Eine eben etwas akribischer, der Andere etwas weniger akribisch…
Ich gehöre zu den Letzteren auf Grund meiner Vergangenheit.
Jeder kann und soll Dinge erleben, machen und tuen, wie er oder sie das möchte.
Es ist nur die Art und Weise wie das Ganze passiert, welche mich so stört.
Menschen werden aggressiv und unfreundlich nur um den besten Platz, die beste Position für Ihr Foto zu bekommen.
Ständiges Gedrängel und Geschubse.
Kein Miteinander…
Ohne Rücksicht auf Verluste…
Kein Mitgefühl gegenüber Anderen oder der Umwelt…
Jeder ist auf seinen eigenen Vorteil erpicht…
Das ist es, was mich an der Spezies Tourist so stört!
Muss das denn sein?
Gut, zurück zum Thema…
Nachdem wir die „Beweisfotos“ geschossen hatten sahen wir zu, dass wir uns etwas abseits der Massen ein Bild über Verona machen konnten.
Einheimische in Ihrem Alltag zu beobachten.
Menschen die nicht direkt mit dem Tourismus in Verbindung stehen.
Für ein paar Stunden an dem dortigen Leben teilnehmen.
Das ist es, was wir suchen!
Demnach tauchten wir in kleinere Gassen ab mit der Hoffnung auf genau solche Menschen und entsprechende Szenarien zu treffen.
Und wir fanden Sie.
In unseren Augen cholerisch schimpfende, wild gestikulierende Italiener.
Kleine Geschäfte mit typisch italienischen Leckereien.
Feine Boutiquen und etliche idyllische Cafés.
Fernab der Touristen und Souvenirläden.
Einfach perfekt!
Nach ein paar Stunden des vor uns hin Schlenderns entschieden wir uns wieder auf den Weg zu Geronimo zu machen.
Die Füße machten sich langsam bemerkbar und wir waren davon überzeugt, dass sich jeder von uns beiden ein Bild über Verona machen konnte.
„Mission completed.“
Wieder am Stellplatz angekommen entschlossen wir uns die restlichen Kilometer nach Venedig noch in Angriff zu nehmen. Es war früher Nachmittag und der Stellplatz mitten in der Stadt machte nicht gerade sonderlich viel her.
Gegen Abend dann erreichten wir unseren Stellplatz kurz vor Venedig im Industriegebiet von Marghera, welcher nicht sehr einladend war.
Vermüllt, abgelegen und…nun ja…Industriegebiet eben. Und mal wieder regnete es, es war windig und sehr kalt.
Der nächste Tag zeigte sich von einer ganz anderen Seite.
Strahlend blauer Himmel, Sonnenschein und relativ angenehme Temperaturen.
Venedig wir kommen! Wir sind bereit!
Da es kurz vor Venedig (zirka 20 min Fußmarsch bis in die Stadt) auch einen Stellplatz gibt, entschieden wir uns dort zu parken und auch die kommende Nacht dort zu verbringen.
Das war in unseren Augen die beste Ausgangslage für einen Städtebesuch.
Dann das selbe Spiel. Noch schnell alle Wertsachen im Auto versteckt, die Lenkradsperre montiert, die Fenster verdunkelt und zu die Türen.
Venedig…was soll man sagen?!
Ein Labyrinth aus hunderten von Gassen, in welchem tausende von Menschen völlig verwirrt und planlos umherlaufen.
Die erste Stunde in dieser Stadt wirkte für mich sehr surreal.
Wie in Phantasialand kamen wir uns vor.
Ich denke an dieser Stelle sprechen Bilder mehr als tausend Worte…
Wie in Verona, versuchten wir auch hier die Hotspots wie Markusplatz, Rialtobrücke, Canal Grande und San Giorgio Maggiore schnellstmöglich abzuhaken, die Massen zu vermeiden und ruhige, kleine Gassen aufzusuchen, um das Leben dort etwas besser kennenzulernen.
Geplant hatten wir eigentlich nur 2 Tage in und um Venedig. Da wir nun aber etwas früher losgefahren sind, hatten wir nun 4 Tage zur Verfügung.
Zwei davon nutzen wir, um uns die Stadt anzusehen. Die restlichen Beiden, um einen Abstecher in das Naturschutzgebiet Oasi Gervara nördlich von Venedig zu machen und um unsere Vorräte aufzufüllen.
Venedig ist ein Traum!
Diese Stadt wird uns im Gedächtnis bleiben! Definitiv!
Jeder, der noch nicht dort war, sollte das auf jeden Fall tun! (solange die Stadt noch nicht versunken ist).
Und was folgt nun?
Nun steht der erste richtig große Schritt bevor.
Die Überfahrt nach Griechenland.
In diesem Sinne…
„Stay tuned…“
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