Astana -einfach anders
– Andi`s View –
Eines muss man ihm lassen.
Geronimo läuft bislang ohne Probleme.
Kilometer um Kilometer bewältigt er die Strecke ohne zu meckern.
Bis wir Astana endlich erreicht hatten, lagen knapp 3.500 km hinter uns. Fast 2 Wochen hatten wir dafür gebraucht. 2 Wochen Steppe…unendliche Weiten eben.
Und wer hätte das gedacht, nach dieser Zeit freuten wir uns sehr auf etwas Abwechslung. Auf den Trubel in der Stadt, auf tolle Bauwerke und viele Menschen.
Versteht uns jetzt nicht falsch! Selbstverständlich bevorzugen wir nach wie vor die Natur. Steppe ist auf Dauer aber einfach etwas langweilig. Schlechte Straßen und tausende Kilometer von Fahrt machen es da nicht besser.
Kurzum…Astana war eine willkommene Abwechslung.
Zudem war unser Gasvorrat aufgebraucht und unsere Pässe sollten hierhergeschickt werden. Aber dazu gleich mehr.
Aus der Ferne sahen wir schon die ersten hohen Gebäude aus der Steppe ragen. Die Straße wurde erst 2, dann 3, ja sogar 4-spurig. Der Verkehr wurde dichter und plötzlich fand das urbane Leben statt. Kommerz war an jeder Ecke zu finden, ein futuristisches Gebäude jagte das Nächste, amerikanische und europäische Labels prägten das Stadtbild, Schlipsträger starrten ununterbrochen auf ihr Smartphones, die „Normalos“ waren modern und „hipp“ (ich hasse dieses Wort) gekleidet, Werbeplakate hingen an jeder Kreuzung, akkurat gepflegte Parkanlagen brachten in der Stahl- und Betonwüste etwas Abwechslung mit sich.
Wenn man so will, hatten wir wieder zivilisierten Boden unter den Füßen ohne es abwertend zu meinen. Einfach ein krasses Gegenteil zu dem, was man zuvor von Kasachstan kennengelernt hatte. Die Städte zuvor wie etwa Aqtöbe oder Ural, welche wir passierten, hatten einen typisch kasachischen Flair. Die Menschen dort liefen in ihren traditionellen Gewändern umher, die Geschäfte umfassten lokale und manchmal skurrile Produkte, die Straßen waren meist staubig und in schlechtem Zustand. Alles war irgendwie typisch kasachisch. Ebenso, wie wir es von Anfang an kannten.
Astana war da ganz anders. Ich würde fast sagen diese Stadt ist, abgesehen von ihren doch sehr ungewöhnlichen Bauwerken, sehr westlich, sehr kommerzialisiert und überwiegend an einem interessiert…an Wachstum. An jeder Ecke wurde gebaut. Noch höher, noch skurriler, noch „unkasachischer“.
Irgendwie schade! Sollte man doch meinen, eine Hauptstadt spiegelt Land, Kultur und Leute wieder.
Aber es ist wie es ist…
Dennoch, die Zeit dort, immerhin waren es fast eineinhalb Wochen, hat uns sehr gefallen. Es gibt dort viel zu entdecken, die Leute sind sehr freundlich und hilfsbereit und zudem hatten wir ein, zwei Dinge zu erledigen.
Unser Gasvorrat war zu Ende gegangen. Also suchten wir gleich zu Beginn einen Gaslieferanten auf. In Kasachstan gibt es etliche Gastankstellen. Ich würde sagen jedes zweite Auto wird mit Gas betrieben. Des Öfteren hatten wir im Vorfeld versucht, unsere Gasflasche dort auffüllen zu lassen. Die Flasche stammt jedoch noch aus der Türkei und den dafür nötigen Adapter hatten wir nicht bzw. konnten wir auch nicht auftreiben. Die Versuche an den Gastankstellen scheiterten daher. Also sollte eine neue Flasche her. Wenn nötig mit neuem Kochaufsatz.
Ein Gaslieferant war schnell ausgemacht. Nachdem wir den Pförtner von unserem Anliegen überzeugt hatten, wurden wir in das Büro des Chefs gebracht.
Wir fühlten uns in der Zeit etwas zurückversetzt. Alte hölzerne Büromöbel, zahlreiche Akten lagen auf den Tischen, an den Wänden hing sowjetische Symbolik und Porträts. Es wirkte an diesem Ort wie aus vergangenen Tagen. Ein Bild was uns übrigens so oft ereilt. Seitdem wir ehemals sowjetische Gebiete bereisen lässt uns das Gefühl nicht los, dass diese Zeit für Viele noch immer allgegenwärtig ist.
Wir warteten etwa 10 Minuten bis ein stattlicher Mann den Raum betrat und uns sehr herzlich auf Russisch begrüßte. Wir verstanden kein Wort, weder Kasachisch noch Russisch, er weder Deutsch noch Englisch. Also vermittelten wir ihm mit Hand und Fuß was wir von ihm wollten. Er schien uns verstanden zu haben denn nach weiteren 30 Minuten brachte er uns eine neue Gasfalsche inkl. Kochaufsatz.
Es ist nur ein Gasfalsche. Aber unter solchen Umständen, derartiges zu erlangen bzw. zu erreichen, fühlt sich immer wieder wie ein großer Sieg an. Das ist ein tolles Gefühl ?
Wir versuchten ihm unsere Dankbarkeit darüber mit Hilfe von Gesten zu vermitteln bevor er uns dann zu Kasse begleitete. Wir bezahlten und waren sehr froh darüber die kommenden Wochen wieder auf Gas kochen zu können. Aber das war nicht alles…
Bevor wir das Gebäude verlassen konnten lief uns ein Mitarbeiter hinterher und drückte uns mit den Worten „Welcome to Kazachstan“ zwei Tickets für das bevorstehende Abendspiel Kasachstan gegen Georgien (UEFA Nations League) in der Astana Arena in die Hand. Besser konnte der Einstieg in Astana nun wirklich nicht sein. Die Abendplanung war also fix. Ein Fußballabend sollte es werden. Mein erstes Länderspiel. Sabi musste mitziehen, sie konnte gar nicht anders ?
Das Spiel war dann ehrlich gesagt nicht gerade berauschend. Nicht das, was wir spielerisch aus Europa gewohnt sind. Die Stimmung im Stadion und die Fankultur sind der europäischen sehr ähnlich. Es gibt immer den Choleriker, der alles und jeden Scheiße findet, dann gibt es da immer denjenigen, der im Leben noch nie Fußball gespielt hat, aber alles besser kann und dann gibt es neben Familien natürlich Fans aus Leidenschaft, die immer hinter ihrer Mannschaft stehen und gesanglich natürlich ganz hohes Talent aufweisen. Im Grunde also wie bei uns.
Kasachstan verlor das Spiel leider 0:2. Das spielte für uns persönlich aber keine Rolle! Es war einfach schön zu sehen, wie gleich unterschiedlichste Kulturen doch in manchen Dingen sein können. Sport bringt das recht gut zum Ausdruck!
Die kommenden Tage verbrachten wir dann mit Sightseeing. Wir mussten ja schließlich warten. Warten auf unsere Pässe. Das war dann nämlich die 2 wesentliche Sache, welche wir in Astana zu erledigen hatten. Ihr wisst ja, dass wir in Tiflis vergeblich versucht hatten ein Russland-Visum zu erlangen. Da es aber immer unser Plan war in die Mongolei zu reisen, müssen wir notgedrungen Russland passieren. Einen anderen Weg gibt es nicht. Wir hatten also zwei Möglichkeiten.
- Wir besuchen das russische Konsulat in Astana und versuchen dort ein Transit-Visum auf eigene Faust zu bekommen. Oder…
- …wir beauftragen eine Agentur uns ein Visum zu besorgen.
Da wir ehrlich gesagt keine Lust hatten erneut enttäuscht zu werden und die Erfolgschancen das Ganze über eine Agentur zu erlangen bei nahezu 100% liegen, entscheiden wir uns für die letztere Lösung.
Wir hatten also kurz vor Abreise in Tiflis unsere Zweitpässe nach Berlin schicken lassen, eine Agentur dort beauftragt ein 1-Jahres-Visum zu besorgen und hofften nun diese in Astana wieder entgegen nehmen zu können. Dazu buchten wir 2 Nächte im Ibis Hotel und ließen die Agentur die Pässe dorthin schicken. Wir waren etwas skeptisch aber am Ende klappte es einwandfrei, die Pässe waren mit dem entsprechenden Visum versehen und unserem Ziel, der Mongolei, stand nichts mehr im Wege.
Es gab also nichts, was uns hier in Astana noch halten sollte.
Doch, da war noch etwas…
Wir brauchten noch ein Gesundheitszeugnis für Baku. Dieses wird, laut Reiseberichten und den Angaben der entsprechenden Botschaften, oftmals bei Einreise an den Grenzen verlangt. Dabei bestätigt ein Tierarzt den Gesundheitszustand des Hundes. Mit diesem Dokument muss man dann zu einer veterinären Behörde gehen und erhält dort dann das Gesundheitszeugnis. Das kostete uns dann einen weiteren Tag, um am Ende zu erfahren, dass es seit neuestem ein Abkommen zwischen den ehemaligen sowjetischen Staaten gibt (ich sag ja…allgegenwärtig), wodurch ein derartiges Zeugnis nicht mehr nötig ist.
Also ein Tag verschwendet. Das nervt!
Normal haben wir damit kein Problem. Langsam wird die Zeit aber knapp denn der Winter kommt und es gibt keinen Tag an dem wir nicht darüber nachdenken, wie bzw. wo wir überwintern. Bevor wir das entscheiden, wollen wir aber in die Mongolei. Das haben wir uns in den Kopf gesetzt.
Die Monate August und September seien die besten Reisemonate. Der Oktober sei von den Temperaturen noch recht annehmbar bevor es dann im November bis zu -30 Grad haben soll.
Wie gesagt…die Zeit wird knapp. Also füllten wir all unseren Proviant und Wasserreserven auf und verließen Astana weiter gen Osten.
Knapp 600km lagen vor uns bevor wir den Grenzübergang bei Schemonaicha erreichten, die Grenze passierten und knapp 1.800km durch das russische Gebiet Altai bis an den mongolischen Grenzübergang fuhren. Anfangs nur als Transitstrecke gedacht hat uns Altai von Anfang an mit seiner Schönheit begeistert. Berge, Täler, Flüsse, Seen und Wälder. Natur pur soweit das Auge reicht. Leider wurden wir dem Namen Transitstrecke gerecht und fuhren recht zügig durch das Gebiet. Sicher ist aber, dass wir Altai nochmal mit ausreichend Zeit im Gepäck besuchen werden.
Und jetzt…
Jetzt stehen wir vor den Toren der mongolischen Grenze, wartend bis diese wieder öffnet.
Ja richtig…auch hier gibt es Öffnungszeiten.
Es ist also nur noch eine Nacht. Eine Nacht, welche uns vor der Einreise in die Mongolei trennt.
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