3.564 Kilometer
– Andi`s View –
So schnell wie sie gekommen war, ist sie nun leider auch wieder vorbei.
Irgendwie ein magischer Ort.
Die Menschen, der gefrorene See und der Umstand, wie wir untergekommen waren. All das machte unseren Aufenthalt dort unvergesslich. Und ich denke, es war gut damit zu warten, bis Flo uns besuchte. Denn auch er hatte es dort sehr genossen.
Das was nun folgte, war doch sehr ungewöhnlich für uns, denn dieses Mal hatten wir alles durchgeplant.
Wir machten uns wieder auf den Weg Richtung „Winterdomizil“ und hatten dann noch zwei Tage zusammen mit Sabi´s Bruder, in welchen wir nochmals Listwjanka besuchten und ein paar Spots in Irkutsk selbst anschauten.
Flo würde uns am 19.01 wieder verlassen und so hatten wir dann noch eine Woche, um Geronimo wieder startklar zu machen. Schön langsam all das, was wir nach Ankunft in unserem Winterdomizil ausgeräumt und möglichst wohnlich in das Holzhäuschen eingerichtet hatten, wieder zurück an seinen ursprünglichen Platz bringen.
Wie das meistens der Fall ist, kümmerte sich Sabi um unseren Wohnbereich (Das schätze ich sehr! Sie hat einfach das Gespür dafür, aus jedem Ort das Beste, das „Wohnlichste“ herauszuholen.) und ich kümmerte mich um das Technische an Geronimo.
Einen Blick in den Motorraum werfen, sämtliche Flüssigkeiten checken, ein kleines Loch an der Zuleitung zur Servopumpe fixen, Gängigkeit der Bremsen überprüfen, mal eben unter den Bus legen und so weiter. Das Übliche eben 😉
Geronimo war also startklar…
3 Tage vor unsere Abreise ließen wir uns in Irkutsk noch neue Reifen aufziehen. Die Alten hatten mittlerweile ausgedient und für die bevorstehende Etappe wollten wir mit neuen Winterreifen auf Nummer sicher gehen. Zudem haben wir ja vor, im Frühjahr den Pamir-Highway zu befahren. Bevor wir dann Probleme und keinen Ersatz bekommen, entschlossen wir uns dazu, das jetzt zu erledigen.
„Erledige es, wenn du die Gelegenheit dazu hast.“
Ein Grundsatz beim Reisen. (Danke, Danny)
Und wie das nun mal so ist, stellten wir beim Zurückfahren aus Irkutsk fest, dass einer der hinteren Stoßdämpfer bzw. einer der Bolzen, welchen ihn befestigen, abgerissen war.
Blinker setzen, umdrehen und wieder zurück in die Stadt.
Nach 2 weiteren Stunden war auch das Problem gelöst. Ein Mechaniker schweißte uns eine provisorische Lösung zusammen.
Auch das ist sehr typisch.
Ein Provisorium anstatt es vernünftig zu lösen. Aber gut…solange es funktioniert und seinen Zweck erfüllt kann ich damit gut leben!
Der Abreisetag konnte also kommen…
Es wurde auch langsam Zeit! Nach nun fast 2 Monaten an einem Fleck wurde es für uns immer dringlicher weiterzuziehen.
Versteht uns bitte nicht falsch!
Die Zeit bei Tatjana und Sergei war super, wir erkundeten die Gegend um den Baikal See und bekamen zudem Einblicke in den Alltag einer russischen Selbstversorger-Familie. Entsprechend emotional war der Abschied von den Beiden.
Jedoch überwiegte die Vorfreude auf das Neue gegenüber der Traurigkeit, denn das Verlangen etwas Neues zu sehen, andere Menschen um sich zu haben, neue Eindrücke zu bekommen wurde von Tag zu Tag stärker.
Wie man so schön sagt „Das Abenteuer ruft!“
Jedoch hatten wir vor der bevorstehende Etappe nach Almaty (Kasachstan) einen großen Respekt.
Die Temperaturen sollten in den kommenden Wochen in Sibirien drastisch sinken und die Straßenverhältnisse, bedingt durch Witterung und Zustand, kannten wir nicht.
So schnell wie möglich wollten wir die 3.564 km bewältigen. Denn dort, in Almaty, versprach der Wetterbericht Besserung, ja sogar Plusgrade.
Der Tag der Abreise war gekommen.
Tür auf…
Schlüssel umdrehen…
…und da war es, das Motorengeräusch…
…nach 2-monatiger Standzeit auf das erste Mal angesprungen.
Nach 2 Monaten endlich wieder auf der Straße unterwegs.
Endlich wieder das Leben eines Nomaden führen.
Die Flucht aus Sibirien hatte also begonnen…
Von Irkutsk führte uns der Weg Richtung Westen. Genauer gesagt wieder zurück zur Stadt Barnaul in der Region Altai.
Ja, hier waren wir schon einmal bei unserem Transit durch Russland mit dem Ziel Mongolei.
Dennoch wirkte alles irgendwie anders. Altai im Herbst hatte uns doch um einiges besser gefallen.
Eigentlich hatten wir auch vor Nowosibirsk zu besuchen, das hätte aber rund 200 km Umweg bedeutet und da die Temperaturen von Tag zu Tag weiter sanken, entschlossen wir uns dazu diesen Umweg nicht in Kauf zu nehmen.
Man kann eben nicht alles sehen, richtig?!
Von Barnaul aus ging es dann weiter nach Rubzowsk, wo wir die Grenze nach Kasachstan passierten.
Bis hier hin lief eigentlich alles wie geschmiert. In nur 4 Tagen hatten wir mehr als 2.300 km geschafft. Die Straßen waren meist in sehr gutem Zustand und nur teils mit Schnee bedeckt.
Auch die Abfertigung an der Grenze stellte uns vor keine neue Herausforderung. Altbekanntes eben und je mehr Grenzübergänge man mitmacht, desto entspannter wird es.
Versprochen! ?
Schon nach den ersten Kilometern in Kasachstan änderte sich das Bild schlagartig. Nur noch langsam kamen wir auf den Schneepisten, teils sogar Eispisten, voran.
Schneeverwehungen, eisige Temperaturen, umgeworfene LKWs, Schlaglöcher, frühes Aufstehen, kurze Mittagspausen, lange Tage und jede Menge Verkehr auf der einzigen Straße gen Süden bestimmten die Fahrt, entlang der chinesischen Grenze, über Semei, Ajagös, Taldyqorghan und Qapschaghai.
Es waren kräfteraubende 9Tage. Sehr kräfteraubend sogar.
Definitiv nicht das, was wir uns unter Reisen vorstellen.
Aber es musste sein! Denn schließlich hatten wir ein Ziel vor Augen, Almaty und seine Plusgrade.
Am 9. Tag dann, war es soweit.
Der Smog der Stadt war schon aus weiter Ferne zu sehen. Laut Navi noch rund 50km bis zur Stadtgrenze, die Sonne schien, das Schmelzwasser auf der Straße nahm zu und ja…wir hatten laut Thermometer Plus 4 Grad…
Unsere Flucht aus Sibirien schien also von Erfolg gekrönt zu sein…
Mercedes 609 D – Kaltstart
Nach 2-monatiger Standzeit hatte Geronimo kein Problem seinen Job wieder aufzunehmen.
Wir sind stolz auf dich!
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